Universität Bonn

Sound Design in digitalen Umwelten

Subtraktive Klangsynthese

Die subtraktive Klangsynthese ist die wohl am weitesten verbreitete Form der Klangsynthese. Im Namen versteckt sich im Grunde das Prinzip. Bei der subtraktiven Klangsynthese wird von einem obertonreichen Signal ausgegangen, das mithilfe diverser Module in seinem Frequenzspektrum beschnitten wird (Frequenzbereiche werden „subtrahiert“). Im Zentrum stehen deshalb jene Baugruppen, die zur Klangformung eingesetzt werden und weniger die Oszillatoren selbst, wobei letztere ein wohlklingendes, durchsetzungsfähiges und frequenzreiches Ausgangssignal liefern müssen und deshalb nicht vernachlässigt werden sollten. Dennoch dreht sich bei der subtraktiven Klangsynthese alles um Filter, LFOs und Hüllkurven.

Der Signalfluss verläuft meist wie folgt: Ein Steuersignal (CV oder MIDI) bringt einen oder mehrere Oszillatoren auf einer dem Steuersignal entsprechenden Frequenz zum Schwingen. Das obertonreiche Signal der einzelnen Oszillatoren durchläuft einen Mixer, in welchem die individuelle Lautstärke der Schwingungen justiert werden kann. Dann wird das summierte Signal mithilfe eines Filters bearbeitet. Letztlich wird das gefilterte Signal durch einen spannungsgesteuerten Verstärker (engl. VCA – voltage controlled amplifier) an den Output ausgegeben. Mithilfe von spannungsgesteuerten Hüllkurven und LFOs können die meisten Parameter des subtraktiven Synthesizers moduliert werden. So können Zeitverläufe der Filterung durch Hüllkurven oder periodische Schwankungen der Tonhöhe durch einen LFO erzeugt werden. Die Hüllkurve des Verstärkers ist insofern maßgeblich, als dass sie das Ein- und Ausschwingverhalten des Klanges bestimmt. Soll dieser kurz und Staccato-artig sein, so müssen kurze, bei flächigeren Sounds entsprechend längere Hüllkurvenzeiten eingestellt werden.

Die subtraktive Klangsynthese hat sich seit den 1960er- und 1970er-Jahren als Referenzpunkt der Klangsynthese durchgesetzt. Eine Vielzahl der legendärsten Synthesizer greift auf das Prinzip der subtraktiven Klangsynthese zurück: u.a. der „Minimoog“ (1970) der Firma Moog, der Roland „Juno-106“ (1984), der Yamaha „CS-80“ (1976), der „Arp 2600“ (1971) und Sequential Circuits „Prophet-5“ (1978). Es ist vor allem Robert Moog, dem Erfinder der Moog-Synthesizer, zu verdanken, dass sich die analoge, subtraktive Klangsynthese durchgesetzt hat. Ihm gelang es, ein elektronisches Klangsyntheseverfahren zu entwickeln, dass in ein kompaktes Gehäuse verbaut und durch das Prinzip der Steuerspannung vielfältige klangformende Zugriffe erlaubte. Darüber hinaus ist das anwenderfreundliche Design zu betonen, dass die elektronische Klangsynthese nicht nur zugänglich, sondern auch bühnentauglich machte.

So ist der „Moog-Modular“ bereits Ende der 1960er-Jahre auf einigen Produktionen zu hören, u.a. auf dem Solo-Album von George Harrison „Electric Sound“ (Zapple 1968) und auf „Abbey Road“ (Apple Records 1969) von den The Beatles. Hieran wird zudem deutlich, dass Moog es schon früh nach der Veröffentlichung des „Moog Modular“ im Jahr 1967 geschafft hatte, seine Instrumente bei international populären Künstlern zu platzieren, was das Interesse und die Nachfrage an Moog-Synthesizern deutlich erhöhte. Doch auch in Kontexten des Jazz oder traditionelleren Musikformen stieß das neuartige Instrument auf offene Ohren. Prominent ist vor allem das Album „Switched-on Bach“ (Columbia Records 1968) von Wendy Carlos. Durch öffentliche Präsentation der Instrumente in lokalen Musikläden erreichte Moog zudem noch eine breite Öffentlichkeit. Waren die europäischen Vorgänger des Moog-Synthesizers wie das Trautonium eher an experimentierfreudige Kunstschaffende gerichtet, so richtete Moog seine Instrumente an diverse Zielgruppen und vor allem auch an der US-amerikanischen Popkultur aus.

Bekannte Produktionen legendärer analoger, subtraktiver Synthesizer

Moog Minimoog:

  • Parliament - "Flashlight" (Casablanca 1977)
  • Sun Ra - "Space Probe" (Saturn Research/Cosmic Myth Records 1970)
  • Tubeway Army - "Are 'Friends' Electric?" (Beggars Banquet/Atco 1979)
  • u.v.m.

Arp 2600:

  • Madonna - "Borderline" (Sire/Warner 1984)
  • Michael Jackson - "Thriller" (Epic 1983)
  • Yazoo - "Don't Go" (Mute/Sire 1982)
  • u.v.m.

Yamaha CS-80:

  • Brian Eno - "Here He Comes", "Julie With", "By This River" (Mercury 1977)
  • Wire - "I Should Have Known Better" (Mercury 1979)
  • Kate Bush - "Babooshka", "All We Ever Look For" (CBS/Sony 1980)
  • u.v.m.

Seqeuntial Circuit Prophet-5:

  • The Cars - "Shake It Up" (Elektra 1981)
  • Daryl Hall & John Oates – "I Can’t Go For That" (RCA Records 1981)
  • Japan – "Ghosts" (Virgin 1981)
  • u.v.m.

Roland Juno-106:

  • Underworld - "Born Slippy .NUXX" (Junior Boy's Own 1996)
  • Tame Impala - "Let it Happen" (Modular/Fiction/Interscope 2015)
  • Vangelis - "Elsewhere" (Arista 1988)
  • u.v.m.

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Klangbeispiel für subtraktive Klangsynthese

  • Donhauser, Peter. Elektrische Klangmaschinen. Die Pionierzeit in Deutschland und Österreich. Wien: Böhlau 2007.
  • Glinsky, Albert. Theremin. Ether Music and Espionage. Chicago: University of Illinois Press 2005.
  • Jackson, Myles W. Harmonious triads: physicists, musicians, and instrument makers in ninteenth-century Germany. Cambridge (MA): MIT Press 2008.
  • Patteson, Thomas. Instruments for New Music. Sound, Technology, and Modernism. Oakland: University of California Press 2016.
  • Pinch, Trevor J. und Frank Trocco. Analog Days. The Invention and Impact of the Moog Synthesizer. Cambridge (MA): Harvard University Press 2004.
  • Ruschkowski, André. Elektronische Klänge und musikalische Entdeckungen. Ditzingen: Reclam 1998.

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